Unser Darm – der neue Star in der Forschung
In der westlichen Welt führte der Darm lange ein Schattendasein, denn er galt schlicht als Verdauungsorgan – notwendig, aber auch irgendwie eklig. Ähnlich mit Missachtung gestraft wurden unsere Darmbakterien: Man hielt sie für ungefährlich, aber auch nutzlos. Seit einiger Zeit weiß man: Wir haben den Darm und seine Bewohner unterschätzt! Erfahren Sie hier, welche Fakten Darm und Darmflora in den vergangenen Jahren zu wahren Stars der Forschung werden ließen.
Das Organ der Superlative: Überraschende Zahlen und Fakten
Der Darm ist nur zur Verdauung da? In den vergangenen Jahren ist das unterschätzte Organ, zusammen mit seinen Bewohnern, immer stärker in den Fokus der Wissenschaft gerückt – und zeigt dabei immer wieder seine wahre Größe:

200 - 500 m2 Oberfläche
Auf diese beachtliche Größe bringt es der Darm mit seinen Zotten und Krypten. Das entspricht etwa der Größe eines Tennisplatzes oder Basketballfeldes.

Größtes Immunorgan
Rund zwei Drittel unserer Immunzellen sitzen im Darm.

100 Millionen Nervenzellen
Damit sitzen im Darm mehr Nervenzellen als im Rückenmark.

Autonom
Dank des „Darmhirns“ kann unser Darm – anders als jedes andere Organ im Körper – einfach weiterarbeiten, wenn unser Gehirn „ausfällt“.

Größte Hormondrüse
Die Hormonzellen im Darm schütten mehr als 20 Botenstoffe aus.

39 Billionen
So viele Bakterien leben in unserem Darm.
Gut oder Böse: Was tummelt sich denn da im Darm?
Bifidobakterien:
Die große Familie der Bifidobakterien hält die anderen Darmbakterien im Zaum. Außerdem wehren Bifidobakterien Krankheitserreger ab, können die Bildung von Tumoren verhindern und produzieren Vitamine.
Gute Bakterien
Bifidobakterien:
Die große Familie der Bifidobakterien hält die anderen Darmbakterien im Zaum. Außerdem wehren Bifidobakterien Krankheitserreger ab, können die Bildung von Tumoren verhindern und produzieren Vitamine.
Escherichia coli:
Einige Arten in unserem Darm sind an der Produktion von Vitamin K2 beteiligt, das wir u.a. benötigen, um Vitamin D verarbeiten zu können. Außerdem helfen sie, Krankheitserreger in Schach zu halten. Allerdings gibt es hier auch „schwarze Schafe“, die uns schaden können.
Laktobazillen:
Sie produzieren Vitamine und Nährstoffe, regen das Immunsystem an und können uns vor krebserregenden Stoffen schützen.
Schlechte Bakterien
Campylobakter:
C. Jejuni und C. coli zählen zu den Durchfallerregern. Wir infizieren uns in der Regel, indem wir verdorbene Nahrungsmittel essen.
Enterokokken:
Vor allem Enterococcus faecalis ist oftmals schuld an Infektionen nach einer Operation.
Clostridien:
Sie können sich v.a. nach einer Antibiotika-Therapie im Darm breitmachen und zu schweren Durchfällen führen.
Wo mischen die Darmbakterien überall mit?
Verdauung:
Die Darmbakterien bauen Nahrungsbestandteile ab, die wir selbst nicht aufspalten können (z. B. bestimmte Ballaststoffe).
Verdauung:
Die Darmbakterien bauen Nahrungsbestandteile ab, die wir selbst nicht aufspalten können (z. B. bestimmte Ballaststoffe).
Energie:
Bis zu 10 Prozent der aufgenommenen Kalorien stellen uns die Winzlinge im Darm zur Verfügung – aus Nahrungsbestandteilen, die wir alleine nicht verwerten könnten.
Vitamin-Produktion:
Unsere Darmbewohner bilden wichtige Vitamine, z. B. B-Vitamine.
Psyche:
Unsere Darmbakterien produzieren Botenstoffe wie die angstlösende GABA (Gamma-Amino-Buttersäure) und das „Glückshormon“ Serotonin. So können sie als Teil unseres „Bauchhirns“ unsere Stimmung beeinflussen.
Immunabwehr:
Die guten Darmbakterien verdrängen Krankheitserreger, halten die Darmbarriere aufrecht und trainieren das darmeigene Immunsystem.
Was schadet der Darmflora und was nutzt ihr?
Top 5: „Feinde“ der Darmbakterien

Viel Zucker

Ballaststoffarme Ernährung

Medikamente (v.a. Antibiotika)

Stress

Alkohol & Rauchen
Top 5: „Freunde“ der Darmbakterien

Ballaststoffe

Probiotika & Präbiotika

Bewegung

Stressabbau

Ausreichend Schlaf
Bauch oder Kopf – wer hat hier das Sagen?
Was denken Sie?
Bitte wählen Sie aus!

Gehirn

Darm
Richtig! Falsch!
Lange Zeit dachte man, die Kommunikation zwischen Darm und Gehirn laufe ähnlich ab wie bei anderen Organen: Das Gehirn sendet Signale bzw. Befehle, der Darm reagiert entsprechend. Doch Fakt ist, dass die Nervenverbindungen zwischen Darm und Hirn zu 90 Prozent aus aufsteigenden Nervenfasern bestehen, die Signale aus dem Bauch zum Gehirn leiten. Nur 10 Prozent der Nervenfasern geben Informationen in die andere Richtung – also vom Hirn zum Darm – weiter. Und: Seit Beginn des 21. Jahrhunderts weiß man, dass auch unsere Darmbakterien in der Kommunikation mitmischen. Wie genau das funktionert, wird allerdings immer noch erforscht.
Darmbakterien: „Personal Trainer“ des Immunsystems

Wie schafft unser Immunsystem es eigentlich, jeden Tag aufs Neue ständig zwischen „Gut“ und „Böse“ zu unterscheiden?
Ganz einfach: Es trainiert Tag und Nacht – und verfügt dafür über eine Truppe ganz eigener Trainer: Unsere Darmbakterien stimulieren das Immunsystem rund um die Uhr, ohne Unterbrechung – und halten die körpereigene Abwehr auf diese Weise auf Trab. Zusätzlich packen sie aber auch selbst fleißig mit an: Sie verdrängen Krankheitserreger, bilden Abwehrstoffe und helfen, die Darmbarriere aufrecht zu halten.
Gut zu wissen: In unserem Darm sitzen rund 70 Prozent aller Abwehrzellen im Körper! Dieses darmeigene Abwehrsystem bezeichnen Experten als darm-assoziiertes Immunsystem oder GALT (gut-associated lymphoid tissue).